Der Sprötz- Trupp im Aufwind

Nun sollte bald allen der Spaß on der Freude vergehen: Am 01.09.1939 brach der Zweite Weltkrieg aus, der die Vereinstätigkeit fast vollständig lähmte. Wer sollte auch wohl lachen können, wenn ständig Todesnachrichten gefallener Soldaten ins Dorf kamen, wenn Bomben fielen und ouch die Ernährung immer karger wurde.

Nur zwei Vorstandssitzungen gab es zu dieser Zeit: Am 12. Juli 1941 und am 22. August 1943 fasste man Beschlüsse über die Auszahlung von Serbegeld und die Aufstellung von ehrentafeln auf dem Friedhof.

Obwohl sicherlich alle Freunde des Sprötz- Trupps die schrecklichen Erlebnisse des Krieges erst zu verkraften hatten, war der Verein nach Kriegsschluss im Mai 1945 sofort wieder aktiv. Schon für 1946 bat man bei der Besatzungsbehörde um die Genehmigung, an den Fastnachtstagen Ball abhalten zu können. Diese Genehmigung wurde unter der Auflage erteilt, dass nur an zwei Tagen — Sonntag und Montag — gefeiert wank, dass außerdem die Sperrzeit von 22:00 Uhr eingehalten würde und dass niemand eine Maske aufsetzen dürfe. Diese Bedingungen musste man akzeptieren, ebenso wie die Forderung der Musiker, dass sie vom Verein beköstigt wurden. Eine Mahlzeit hatte eben in dieser Zeit einen höheren Stellenwert als ein 50-Mark-Schein. Aber die Vorstandsmitglieder wussten sich ar helfen: Jeder von ihnen nahm einen Musiker, die Bauern auch zwei, mit zu sich nach Hause zun Essen. Der Vorstand setzte sich im Jahre 1946 wie folgt zusammen:

1. Vorsitzender: Wilhelm Hüls
2.Vorsitzender: Wilhelm Klein
Schriftführer: Hubert Schlaven
Kassierer: Josef Baust
Beisitzer: Matthias Müller, Josef Winters, Josef Rüttgers, Hubert Engels. Heinrich Mix, Anton Schumacher, Nikolaus Düx, Hermann Mühlenbeck

Dieser zahlenmäßig große Vorstand nahm seine Arbeit mit aller Energie auf, von Resignation ist trotz aller Rückschläge nichts zu spüren. Aber jede Versammlung beginnt mit einem Gedächtnis an die Toten und Vermissten. Für Fastnacht 1948 führt man eine Neuerung ein: Erstmalig wird der Altweiberball veranstaltet, zu dem aber auch Mitglieder vollen Eintritt bezahlen massen. Der Rosenmontagszug kommt dagegen erst 1949 wieder zustande. Und wieder sind es die Landwirte, die hilfreich einspringen und ihre Pferdewagen — teils auch schon Trecker — als Karnevalswagen umfunktionieren. Ein Ständchen an ihrem Hause ist dafür der Dank.

Aber durch diese Aktivitäten erwirbt sich der Verein soviel Ansehen, dass man das Stiftungsfest in drei Sälen feiern musste, wie es schon in den Jahren 1937 und 1938 gewesen war. Neben den Sälen Spenrath und Franken wurde auch der Saal des Gastwirtes Lich in Gindorf in das Festgeschehen einbezogen. Neben den Karnevalstagen richtete der Sprötz- Trupp traditionell sein Augenmerk auf die Familienfeste, die mit aller Sorgfalt geplant und durchgeführt wurden. Zeremonienmeister Winand Meger war in dieser Zeit eine nicht zu übersehende Persönlichkeit.

Die alte Fahne des Sprötz- Trupps wurde in dieser Zeit, zusammen mit einer Sprötz und einem Hering, von Andreas Olligs, Johann Landen und Willi Pelzer im Zug mitgeführt. Der Sprötz- Trupp, der sich also unverkennbar im Aufwind befindet und die Rückschläge der Kriegs- und Nazizeit überwunden hat, hat in den 50er Jahren jedoch erneut schwere Probleme zu lösen.

Zur Durchführung der Stiftungsfeste steht im Jahre 1952 anstatt drei nur noch ein Saal zur Verfügung: Der Saal Spenrath wird in ein Kino umgewandelt und der Saal Lich wird für bauftillig erklärt. Nur der Saal Franken kann weiter benutzt werden; aber für fast 600 Mitglied und dazu noch zahlende Gäste, auf die man ja dringend angewiesen war, absolut zu wenig. Jakob Franken stellt als Notlösung für mehrere Jahre auf seinem Gartengrundstück ein heizbares Zelt auf, um dem Sprötz- Trupp wenigstens aus der ärgsten Not zu helfen.

Dazu kommen noch interne Schwierigkeiten im Vorstand. Zwar wird die Frage des Präsidenten nach dem Rücktritt von Wilhelm Hüls, der 1953 wegen seiner angegriffenen Gesundheit sein Amt zur Verfügung stellte, schnell gelöst, als Josef Rüttgers den Vorsitz übernimmt. Aber der Posten des Schriftführers wechselte mehrfach, bis er 1957 mit Josef Schiffer in die richtigen Hände kommt. Elferratspräsident Josef Bischof gibt sein Amt 1954 an Peter Biermann ab, der 1957 von Adam Bongartz abgelöst wird. 1958 übernimmt dann Schriftführer Josef Schiffer auch dieses Amt.

Kein Vorstandsamt wurde jedoch mit solcher Kontinuität verwaltet wie das Amt des Kassierers. Josef Baust erhielt 1956 vom Verein die Summe von 50 DM als Anerkennung, weil er 50 Jahre Kassierer und Bote gewesen war. Als er dann 1958 von Fritz Neunzig abgelöst wurde, konnte er auf eine 52-jährige Vorstandsarbeit zurückblicken. Eine sicherlich äußerst seltene Leistung! Daneben amtierte Josef Klein zur vollen Zufriedenheit des Vorstandes als Zeugwart. Ihm oblag es, die vereinseigenen Kostüme für den den Prinzen Karneval, den Elferrat, die Prinzenpagen und den Hofnarren instand zu halten.

Zu einer schweren Belastung für den Vorstand des Sprötz- Trupps wurde im Jahre 1957 der Konflikt mit dem Turnverein Germania, der nach Fertigstellung seiner Vereinshalle zu Fastnacht an drei Tagen selbst Maskenbälle veranstaltete. Der Sprötz- Trupp sah das als einen Einbruch in seine Rechte an, zumal es zu erheblichen finanziellen Einbußen kam. Als es am 18. März 1957 zu einer gemeinsamen Sitzung der beiden Vorstände kam, wozu Bürgermeister Krepp und Gemeindedirektor Sandcrs eingeladen hatten, argumentierte der Vorsitzende des Turnvereins, Jakob Lattgen, nicht ungeschickt, indem er sich auf die drangvolle Enge im Saale Franken berief und außerdem dem Sprötz- Trupp mit 3,00 DM einen zu niedrigen Jahresbeitrag vorwarf. Man lehnte es ab, die eigenen Fastnachtsbälle einzustellen. Wenn dieser Konflikt damit auch nicht gelöst werden konnte, so führte er doch im Vorstand zu einem Umdenkungsprozess. Die Statuten von 1920 wurden einer gründlichen Überarbeitung unterzogen, so dass sie als Satzung 1958 in veränderter Form beim Amtsgericht Grevenbroich zwecks Eintragung in das Vereinsregister eingereicht wurden. Die wesentlichsten Änderungen lagen in der Aufnahme des Wahlspruchs: „Et ganze Dörp deht mött” und der Erklärung: “Der Verein Närrischer Sprötz- Trupp Gustorf ist der einzige Träger des rheinischen Karnevals hier im Orte”.

Dieser Appell an die Bevölkerung scheint im Jahre des 75-jährigen Bestehens 1958 auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Denn dieses Geschäftsjahr endete wieder mit einem Gewinn. Nicht zuletzt auch wegen der Erhöhung des Jahresbeitrages auf 6.00 DM, wovon jedoch nur 4,00 DM dem Verein zuflossen, während 2,00 DM einer Sterbegeldkasse zugeführt wurden.

Für jedes verstorbene Mitglied wurden aus diesem Fond 100,00 DM an die Hinterbliebenen gezahlt. Eine soziale Einrichtung, die es seit vielen Jahren im Verein gegeben hatte. Trotzdem hieß die oberste Devise des Vorstandes: Sparen, wo immer es möglich war. Nachdem man mehrere Jahre hindurch für die Familienfeste auswärtige Karnevalsgesellschaften für die Auftritte gewonnen hatte, z.B. die Erfigrafen vom Husterknupp aus Frimmersdorf, die Aachener Domgrafen oder die KG Orken, bemühte man sich zunehmend, Gustorfer Büttenredner und Sänger zu gewinnen, um Kosten zu sparen. Das aber gelang nur zögernd und in den ersten Jahren auch wohl mit wenig Erfolg.

Ein „leidiges Thema” war, wie Geschäftsftihrer Josef Schiffer es einmal ausdrückte, die Kassenbesetzung bei den Tanzveranstaltungen. Nur mit Mühe war es möglich, geeignete Leute zu finden, die im Trubel des Karnevalstreibens die übersicht behielten, damit am Ende die Kasse stimmte. „Ech maach der Zoch mött, bönn besoffe, op mech künnt Ihr bestemmt net hoffe”, hörten Kassierer und Präsidenten nicht selten, so dass die Last meist auf einem knappen Dutzend Männer blieb. Aber ganz trocken ging es auch hinter der Kasse nicht zu, so dass einmal der Vorwurf erhoben wurde: „Die versuffe de Kass!” Das traf jedoch nicht zu, denn laut Vorstandsbeschluss standen jedem Kassenwart nur drei Biermarken zu.

Der Rosenmontagszug entwickelte sich dagegen allmählich mehr und mehr zum Prunkstück des Sprötz- Trupps. Zwar drängte der Vorstand stets darauf, dass alle Wagen und Fußtruppen vorher angemeldet wurden. Aber wenn sich der Zug gegen 14:00 Uhr bei der Gastwirtschaft Bayer oder auf dem Schulhof aufstellte, dann war sicher auch manche Gruppe dabei, die sich noch kurzfristig zum Mitmachen entschlossen hatte. Das erleichterte natürlich die Arbeit der Preisrichter Moritz Engels, Ernst Sachs und Hermann Kluth nicht gerade. Aber trotzdem fanden die Preise, die häufig von Geschäftsleuten gestiftet wurden, ihre Preisträger. In einem Jahr fiel der 1. Preis, der in einem Fässchen Bier bestand, an eine Damengruppe, während der 2. Preis, ein prächtig verzierter Kuchen, einer Herrengruppe zugesprochen wurde. Man war sich schnell einig: „Mir tausche.” Der Kuchen entpuppte sich dann aber als ein Panhas.

Der Zug, der traditionsgemäß auch durch Gindorf zog, wurde von Jahr zu Jahr größer, so dass auch die Musik verstärkt werden musste. Aus der einen Blaskapelle wurden dann zwei oder ab 1960 sogar drei Kapellen.