Die älteste bekannte schriftliche Aufzeichnung des „Närrischen Sprötz- Trupps“ stammt aus dem Jahre 1911. Es ist dies eine Mitgliederliste, die 160 Namen aufweist, und damit von einem recht gut florierenden Verein zeugt. Eine Urkunde oder eine andere schriftliche Beglaubigung aus dem Gründungsjahr 1884 konnte leider nicht gefunden werden. Es muss sogar bezweifelt werden, dass ein solches Dokument überhaupt jemals existiert hat. Die mündliche Überlieferung jedoch und auch die beim Amtsgericht Grevenbroich eingereichten Statuten von 1958 sprechen vom Gründungsjahr 1884. Die Richtigkeit dieses Gründungsjahres kann also als sicher gelten, zumal ehemalige Vereinsvorstände sich auf ein 50-jähriges Jubiläum im Jahre 1934 gefreut haben. Zu dieser Zeit lebten noch drei der Gründer des Vereins. Die Umstände der Gründung zeugen scbon von einem Schalk, den die Gustorfer- Sprötz stets ausgezeichnet hat. In der Wirtschaft des Michael Dederichs (Großvater der Frau Franken) versammelte sich jeden Sonntag ein Stammtisch von 10 Männern, die dort ihren Frühschoppen nach dem Hochamt genossen. Es waren dies u. a. der Wirt Michael Dederichs (Großvater der Frau Franken), Hermann Mertens, Josef Landen, Anton Aretz, Andreas Hilgers und Anton Dedericbs. Als es nun so langsam auf Fastnacht zuging, wurde in dieser Runde der Gedanke geboren: ,,Mir mache e Jeloch vür Fastelovend“! Schon der Gedanke rief helle Begeisterung hervor, und alle Zehn waren dabei, und der Verein war geboren. Zu einem Verein dieser Art gehören aber wenigstens elf Personen und außerdem natürlich ein Name. Auch hier war man um einen Ausweg nicht verlegen. ,,Der Nächste, der in die Wirtschaft kommt, ist der elfte Mann, und außerdem wird nach ihm „dat Jeloch“ benannt.“ Als die Tür wieder aufging, war es ein bekanntes Gustorfer Original, nämlich „Sprötz“ Anton. Sprötz war nicht etwa sein Familienname, sondern sein Beinan1e, weil er mit einer ,,Sprötz“ – einer Gießkanne- etwas gemeinsam hatte: das Fassungsvermögen ftir Flüssigkeit. Als der Anton nichts einzuwenden hatte, war der Verein „Sprötz“ endgültig aus der Taufe gehoben. Hennann Mertens war erster Präsident. Man ging nun daran, zu Fastnacht Tanzveranstaltungen zu organisieren und zwar im Saal des Michael Dederich (später Franken), dessen Dachgebälk aus dem großen Kaisermanöver stammte. Wir können als sicher annehmen, dass diese Generation der Gründer schon zünftig Fastnacht feiern konnte, zumal die Zeiten politisch und wirtschaftlich stabil waren, wenn auch die Gustorfer bestimmt nicht mit Reichtümern gesegnet waren.
Fastelovend fiere – trotz allem
Diese Keimzelle treffen wird dann im Jahre 1911, wie schon zu Beginn gesagt, als
etablierten Sprötz- Trupp an. Der Vorstand setzte sich wie folgt zusammen:
1. Vorsitzender: | Hermann Mertens |
2. Vorsitzender: | Moses Löwenthal |
Schriftführer: | Adolf Eckstein |
Kassierer: | Josef Baust |
Beisitzer: | Hubert Mertens, Anton Nix, Wilhelm Hüls , Josef Landen |
Das bemerkenswerte an diesem Vorstand ist, dass Hermann Mertens, ein Vater von zwölf Kindern, immer noch Präsident ist und mit Moses Löwenthal ein jüdischer Mitbürger als 2. Vorsitzender fungiert.
Die Einnahmen bezieht der Verein aus den Mitgliedsbeiträgen 50 Pfg. Jahresbeitrag, Soldaten frei -, den Eintrittsgeldern an den beiden Karnevalstagen, den Spenden des Vereinswirtes Theißen und den Einschreibegebühren neuer Mitglieder – 1 Mark pro Person -. Bei den Ausgaben taucht immer wieder die Position „An Bierzech“ auf. Hierbei konnten die Mitglieder gegen einen geringen Obolus eine bestimmte Menge Freibier genießen. Natürlich fielen auch die Ausgaben für die Musik an, wobei jedoch beim Karnevalsumzug am Rosenmontag fiir eine „Dicke Trommel“ 2,00 Mark und für „Trommel und Flöte“ 3,50.Mark zu Buche standen. Das zeigt, dass der Vorläufer des heutigen straff organisierten Rosenmontagszuges sehr viel weniger Aufwand erforderte und 1nehr von der Improvisation lebte, ejner Stärke des SprötzTrupps. ,,Mer mache dr Biar los!“ war die Einstellung zu Fastnacht.
Trotz aller Freude vergaß inan auch die sozial Schwachen nicht: Bei einem Kassenstand von 230,03 Mark am 13. April 1913 war die Position „Armenabgabe“ in Höhe von 45 Mark schon recht beachtlich. Auch die Kranken ließ man an der jährlichen Bierzech teilnehmen, indem ihnen ein Trunk ins Haus gebracht wurde. Für diesen aufblühenden Verein, der 1914 schon 200 Mitglieder zählte, stellte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine empfindliche Störung dar, ZUinal sicherlich ein Großteil seiner Mitglieder ins Feld rücken musste. Für die Zeit von 1914 – 1918 sind dann auch keine Aktivitäten des Sprötz- Trupps festzustellen: Jeder „echte“ Mann hat in dieser Zeit ftir Kaiser und Vaterland zu kämpfen und notfalls zu sterben. Die Vereinsarbeit beginnt erst wieder im Jahre 1920 und weit drei Beschlüsse auf die kennzeichnend ftir die nun beginnende Zeit sind:
a) Der Verein stiftet zwei Ehrentafeln ftir das auf dem Friedhof neu angelegte Kriegerdenkmal.
b) Erstmals in der Vereinsgeschichte werden vom Vorstand Statuten verabschiedet und zur Genehmigung beim Bürgermeister als Chef der Verwaltung eingereicht.
c) Der bisher unveränderte Beitrag von 50 Pfg. pro Jahr wird auf 1,50 Mark und die Einschreibgebühr von 1,00 Mark auf 3,00 Mark erhöht.
Der Verein scheint also finanziell in arge Bedrängnis geraten zu sein, wenn er die ftir damalige Verhältnisse drastische Erhöhung vornimmt.
Aber ein Ausweg aus der Misere war das nicht, denn die Geldentwertung, die in der Inflation von Noven1ber 1923 gipfelte, belastete auch die Vereinskasse. Im Jahre 1921 betrug der Vereinsbeitrag schon 2 .Mark, und stieg von 3 Mark 1922 auf die Höhe von 30 Mark im Jahre 1923. Als Einschreibgebühr waren 70 Mark zu zahlen. Die Ausgaben stiegen natürlich ebenso sprunghaft, wie ich später darlegen werde.